Sharkproject.org: 'EUROPA RUFT ZUR RETTUNG DER HAIE: WIRD DIE EU AUF DIE FORDERUNGEN IHRER BÜRGER HÖREN?'
Am 27. März 2023 fand die öffentliche Anhörung der Bürgerinitiative "Stop Finning - Stop The Trade" statt, bei der mehr als 1,1 Millionen EU-Bürgerinnen und EU-Bürger das Verbot des losen Flossenhandels in der Europa fordern. Dr. Iris Ziegler, Sharkproject-Leiterin des International Cooperation Teams, analysiert die öffentliche Anhörung in Brüssel ausführlich.
Sharkproject setzt sich bereits seit 2004 aktiv gegen das Finning ein. Begleitend zur Bürgerinitiative gab es einen Offenen Brief, den über 100 Meeres- und Tierschutzorganisationen unterschrieben haben.
Die wesentlichen Inhalte können wir in 5 Punkten zusammenfassen:
- Erfolgreiche EU-Bürgerinitiative zur Beendigung des Handels mit Haifischflossen in der EU
- Weltweite Überfischung der Haipopulationen durch den internationalen Haifischflossenhandel
- Öffentliche Anhörung im EU-Parlament: EUROPÊCHE wiederholt falsche Behauptungen über nachhaltigen Haifischfang durch EU-Flotten
- Die politische Debatte über das Für und Wider der Forderung der EBI nach einem Handelsverbot für Flossen
- Warten auf die Antwort der Kommission
Links erhalten Sie das pdf mit der ausführlichen Analyse.
Erfolgreiche EU-Bürgerinitiative zur Beendigung des Handels mit Haiflossen in der EU
Im Januar hat die EU-Bürgerinitiative 1,1 Millionen Stimmen von EU-Bürgern für eine neue Verordnung eingereicht. Diese fordert, dass lose Haiflossen bei der Einfuhr in die Europäische Union, bei der Durchfuhr durch die Europäische Union oder bei der Ausfuhr aus der Europäischen Union auf natürliche Weise am Haifischkörper befestigt sein müssen (als Haie gelten dabei alle Hai- und Rochenarten). Damit haben die EU-Bürger die Europäische Union nachdrücklich aufgefordert, Maßnahmen gegen die weltweite Bedrohung von mehr als einem Drittel aller Hai- und Rochenarten zu ergreifen, die innerhalb der nächsten Jahrzehnte aussterben könnten.
Das Verbot des Abtrennens der Flossen auf See bringt mehrere Vorteile zum Schutz der Tiere. Der größte liegt darin, dass die Haikörper in den Frachträumen um ein vielfaches mehr an Platz benötigen und somit pro Ausfahrt viel weniger Tiere getötet werden können. Weiters ist es nur so möglich, geschützte Arten ohne aufwendige DNA-Analyse zu identifizieren und somit sicherzustellen, dass bereits stark bedrohte Arten nicht in den Handel kommen.
Einzelne Länder sind bereits Vorreiter. Kanada hat die Ein- und Ausfuhr abgetrennter Haiflossen bereits 2019 verboten. Im Vereinigten Königreich hat ein Gesetzesentwurf derzeit die zweite Lesung im Oberhaus passiert. Österreich hat im Dezember 2022 einstimmig beschlossen, die Einfuhr sämtlicher Haiprodukte zu verbieten. In den USA wird demnächst von Verbot für den Besitz und Handel Haiflossen und Haiflossenprodukten folgen.
Weltweite Überfischung der Haipopulationen durch den internationalen Haiflossenhandel
Der internationale Handel mit Haiflossen heizt die weltweite Überfischung der Haipopulationen an, zu der auch die EU-Fischerei beiträgt, indem sie gefährdete Haiarten sowohl in nationalen Gewässern als auch in den Hochseegewässern des Atlantiks, des Indischen Ozeans und des Pazifiks befischt. Über 100 Millionen Haie werden jedes Jahr von der Fischerei getötet, oft nur wegen des Wertes ihrer Flossen, die dann als Haiflossensuppe auf asiatischen Tellern landen. Und nicht nur Haie, sondern auch viele Rochenarten sind im Flossenhandel begehrt und werden auf den asiatischen Märkten zu Spitzenpreisen von 1.000 Dollar pro kg verkauft. Infolge dieses massiven Raubbaus sind inzwischen mehr als ein Drittel aller Hai- und Rochenarten weltweit vom Aussterben bedroht. Daher haben sich mehr als zwei Drittel der Staaten auf der letzten CITES-Vertragsstaatenkonferenz (COP19) darauf geeinigt, etwa 90 % der vom weltweiten Haiflossenhandel betroffenen Haiarten auf die Liste zu setzen und sie ab 2024 den Konditionen des Washingtoner Artenschutzabkommens zu unterwerfen.
Öffentliche Anhörung im EU-Parlament: Europêche wiederholt falsche Behauptungen über nachhaltigen Haifischfang durch EU-Flotten
Die erfolgreiche Bürgerinitiative war dem Fischereiausschuss PECHE zugeteilt worden, der offenbar daran interessiert ist, eine neue Rechtsvorschrift zu verhindern. Da diese die Gewinne der europäischen Haifischfangindustrie schmälern würde, betonten die Vertreter stets, dass der Haifischfang in der EU der nachhaltigste der Welt sei. Daniel Voces de Onaindi, geschäftsführender Direktor von Europeche, der politischen Vertretung der EU-Fischerei im PECHE-Ausschuss, erklärte mehrfach, dass die EU-Flotten das Finning verurteilen und nie praktiziert haben und dass es in der EU nie einen Verstoß oder eine Sanktion in diesem Zusammenhang gegeben hat. Dies kann mehrfach wiederlegt werden (Details siehe PDF). Ihm zufolge fangen die EU-Flotten keine verbotenen Haiarten - dabei erwähnte er jedoch nicht, dass nur wenige Haiarten in den EU-Gewässern wirklich geschützt sind und die Vorschriften der verschiedenen regionalen Fischerei Management Organisationen stark voneinander abweichen. (Weitere Details siehe ebenfalls in der PDF).
Laut ihm werden nur zwei Haiarten (Blauhai und Kurzflossenmako) von Spanien, Portugal und Frankreich in der Schwertfisch-Langleinenfischerei gefischt. Angeblich wird nahezu kein Kurzflossenmako mehr gefischt. Er erwähnte jedoch nicht, dass in Portugal und Spanien trotz Fangverboten das meiste Jahr über mehr als 1.000 Tonnen Makohaie gefischt wurden - unverändert zu den Jahren davor. (weitere Details im PDF).
Zudem ist angeblich laut Europeche der Blauhai die am weitesten verbreitete und am schnellsten wachsende Haiart und somit nicht bedroht. Jedoch bezieht er sich damit auf Studien, die knapp 10 Jahre alt sind. Eine sehr ausführliche Aufklärung zu diesem Punkt befindet sich ebenfalls in der PDF.
Laut Daniel Voces de Onaindi, sind die abgetrennten Blauhai-Flossen sehr leicht von anderen zu unterscheiden. Vielleicht nicht für die Inspektoren, für ihn schon...
Laut Europêche sind Haifischflossen vollständig rückverfolgbar, da alle EU-Flotten seit 2013 alle Haifische mit natürlich anhaftenden Flossen anlanden müssen. Jedoch werden nur rund 2% der in der EU angelandeten Schiffe kontrolliert. Die EU-Schiffe die auf nicht-EU-Häfen anlanden, werden gar nicht kontrolliert. (nähere Ausführungen im PDF)
Daniel Voes de Onaindi behauptet, dass der Wert des Haifischhandels nur zu 40-35 % aus den Flossen stammt, während 60-65 % des Wertes aus dem Fleisch kommt, und dass daher der Haifischfang ohne die Gewinne aus dem Fleisch nicht rentabel wäre. Die die Flossen allerdings nur 5% des Gewichts ausmachen und er Lagerplatz in den Frachträumen begrenzt ist, sieht die reale Rechnung ganz anders aus.
Zum Schluss wies er darauf hin, dass der Haifang für die Ernährungssicherheit und eine gesunde und nahrhafte Ernährung der Europêche notwendig ist, die reich an Vitaminen ist und Herzkrankheiten vorbeugt, und dass "ein Verbot keine Lösung ist, nicht gerechtfertigt und keine Option für unsere Fischer". Diese Behauptungen ignorieren eindeutig die Gefahren für die menschliche Gesundheit, die mit dem Verzehr von Haien verbunden sind, da sich in diesen langlebigen Top-Raubtieren hohe Mengen an Methylquecksilber und anderen Schadstoffen über das Nahrungsnetz anreichern. (weitere Details im PDF)
Die politische Debatte über das Für und Wider der Forderung der EBI nach einem Handelsverbot für Flossen
Dr. Silvia Earle, ehemalige wissenschaftlichen Direktorin der NOAA und Gründerin von Mission Blue, betonte, dass ein gesunder Ozean sowohl von Haien als auch von Menschen benötigt wird, jedoch von gesunden Haipopulationen abhängt.
Stefanie Brendl von Shark Allies betonte ebenfalls, dass der Wert des Exports von Haiflossen für Haiflossensuppe der Hauptgrund für den massiven Abschuss von Haien durch industrielle Fangflotten ist, und verglich das massenhafte Töten mit der Entnahme roter Blutkörperchen aus dem Ozean: "Nimmt man zu viele von ihnen, leidet das ganze System".
Bradley Soule erzählte von seinen Erfahrungen aus 20 Jahren Fischereiaufsicht und teilte mit, dass er in dieser Zeit noch nie einen Vollzugsbeamten getroffen hat, der glaubte, dass das derzeitige System des Handels mit abgetrennten Flossen durchsetzbar sei.
In der anschließenden Debatte äußerten mehrere betroffene Abgeordnete des Europäischen Parlaments ebenfalls ihre Bedenken gegenüber der Präsentation von Europêche und unterstützten den Antrag der EBI, während einige spanische Abgeordnete eindeutig die Interessen der spanischen Haifischerei unterstützten und das Offensichtliche ignorierten.
Viele Abgeordnete dankten den Initiatoren der Bürgerinitiative und erklärten offen ihre Unterstützung. Namentlich waren dies: Grace O'Sullivan (Grüne, Irland), Francisco Guerreiro (Grüne, Portugal), Angela Danzi (Italien), Ska Keller (Grüne, Deutschland), Manuela Ripa (Grüne, Deutschland), Peter van Dalen (Christdemokraten, Niederlande), Peter Schmidt (Vorsitzender der Fachgruppe Landwirtschaft, ländliche Entwicklung, Umweltschutz des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses) sowie Caroline Rose (Grüne, Frankreich). Was sie gesagt haben und mehr Details zu unseren Sprechern im PDF.
Obwohl nicht alle Mitglieder des PECHE-Ausschusses bei der Anhörung anwesend waren und nur wenige ihre Ansichten zur Unterstützung der Europêche-Position beisteuerten, klangen ihre Argumente insgesamt eher wiederholt und insgesamt schwach angesichts der starken Argumente, die von den Befürwortern vorgetragen wurden. Ana Miranda (Grüne, Spanien, stellvertretende Vorsitzende von Peche), Clara Aguilera (Fraktion der Progressiven Allianz der Sozialisten & Demokraten im Europäischen Parlament, Spanien) and Francisco Milan Mon (Christdemokraten, Spanien) steuerten ihre Ansichten bei, die sich ebenfalls in der PDF wiederfinden.
Warten auf die Antwort de
Virginijus Sinkevičius, der EU-Kommissar für Umwelt, Ozeane und Fischerei, hielt die letzte Rede bei der Anhörung und hatte jedoch leider den Großteil der Debatte verpasst. Er hatte daher die überzeugenden Argumente der EBI und die starke Unterstützung für ein Handelsverbot, die sowohl von Experten als auch von vielen Mitgliedern des EU-Parlaments vorgebracht wurden, nicht gehört, als er betonte, dass die EU auch ihren Verpflichtungen innerhalb der Gemeinschaft der Nationen nachkommen muss. Er räumte jedoch ein, dass es eindeutig Lücken in der Berichterstattung und der Durchsetzung bestehender Vorschriften gebe, die behoben werden müssten. Er ließ jedoch offen, wie die Kommission auf die Forderung der EBI nach einem Handelsverbot für Flossen reagieren würde.
Er dankte den Vertretern der EBI dafür, dass sie diese Initiative ins Leben gerufen haben. Er kündigte an, dass die Kommission ihre Entscheidung über das weitere Vorgehen, wie in der EBI-Satzung vorgesehen, bis Ende Juli mitteilen wird.
Die Fischereien, die um ihre Gewinne fürchten, sind vielleicht immer noch nicht bereit, das Ausmaß des weltweiten Rückgangs der Haibestände und des Verlusts der biologischen Vielfalt in unseren Ozeanen zu akzeptieren. Inzwischen sollte selbst diesen Fischereien klar sein, dass es nur noch eine Frage der Zeit ist, bis alle Haipopulationen überfischt werden und die Bestände zusammenbrechen, was weitaus größere negative Auswirkungen auf alle Fischereien und die Fähigkeit der Meeresökosysteme hat, Nahrung für diese und künftige Generationen zu liefern. Da dies jedoch wieder einmal den globalen Süden zuerst und am härtesten treffen wird, ziehen es die reichen EU-Fischereibetriebe offenbar vor, die Fakten, die vorhandenen wissenschaftlichen Erkenntnisse und die klare Forderung von 1,1 Millionen EU-Bürgern zu ignorieren.
1,1 Millionen Europäer und über 100 NGOs fordern ein Ende des Flossenhandels in der EU
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